Von unserem Mitarbeiter Toni Klein
Offenbar funktioniert die Kommunikation zwischen den Besetzern und Uni-Beschäftigten nicht mehr so geschmeidig wie noch vergangene Woche. Da hatte es aus den Reihen des Personals viele Sympathie-Bekundungen gegeben, und am 3. Mai hatte der Personalrat der Universität sich solidarisch erklärt mit den "Protestaktionen gegen Studiengebühren und der Forderung nach Chancengleichheit in allen Bildungsbereichen". Anderntags bat er aber den u-Asta, der hinter der Besetzung steht, man möge den Protest "auf die Straßen und Plätze der Stadt tragen - dort, wo man Euch sieht und hört."
Gehört wird der Protest längst auf vielen Ebenen. Eine Catering-Firma brachte kürzlich die Reste eines Hochzeitsbüfetts zum besetzten Rektorat, der Inhaber der KGB-Bar am Friedrichring trug georgisches Essen herbei und sagte weitere kulinarische Unterstützung zu. Und die Brauerei Ganter schenkte dem u-Asta, unter dem Motto "Was wäre Freiburg ohne Studenten?", 120 Kästen Pils, die dann im Mensa-Biergarten für Stimmung sorgten. Abgeholt wurden die drei Paletten mit einem Miet-Anhänger, den die Studenten zum symbolischen Preis von einem Euro bekamen.
Im Rektorat selbst findet derweil ein spürbarer Klimawandel statt. Symptomatisch dafür scheint ein Vorfall nach der Kundgebung am Donnerstag, auf der 5000 Demonstranten dem Protest-Frühling frischen Wind verliehen hatten. Neben Rednern aller Freiburger Hochschulen setzte sich dort auch der Rektor der Katholischen Fachhochschule für die Belange der Studierenden ein.
Nach dem Demo-Ende wollten drei Abgesandte der Mitarbeiterversammlung den Besetzern erläutern, wie sehr das Personal inzwischen unter Schichtdienst, Nachtwachen und chaotischem Dienstbetrieb leide. Studenten hätten, so eine der Abgesandten zur BZ, die vorbereitete "Erklärung der Mitarbeiter zur widerrechtlichen Besetzung" ins Besetzer-Plenum mitgenommen. Doch auch nach 40 Minuten habe es offenbar keinen Plenar-Konsens gegeben, ob man mit den Wartenden überhaupt reden wolle. So seien diese unverrichteter Dinge in den Feierabend gegangen - nach zwölf Arbeitsstunden, die sich nur um Besetzungsfolgen, Sicherheitsfragen, Polizeibesprechungen gedreht hatten.
An sich wirkt die Bauweise der ehemaligen französischen Kommandantur, in die 1997 das Uni-Rektorat einzog, nicht ungefällig. Doch in diesen Tagen erweist sich speziell das lichte Treppenhaus über der Eingangshalle als neuralgischer Punkt: Es verhindert eine Abriegelung der oberen Etagen, mit ihren teuren Laboren und Statuen. (Im Hause befinden sich auch die Institute für Hydrologie und für Archäologie.) So müssen nun 14 Wachhabende und pro Schicht sechs bis acht Polizeibeamte auch über Pfingsten dafür sorgen, dass die Besetzung aufs Erdgeschoss beschränkt bleibt.
Christine Theobald ist eine der drei un-erhörten Mitarbeiterinnen. Nachdem sie in den ersten drei Nächten der Besetzung vor Ort war und seither täglich von sechs bis 18 Uhr, sagt sie: "Die Demo war ja eine gute Sache, die wir auch unterstützen. Man muss aber sehen, dass wir die Leidtragenden der Besetzung sind." Wobei der morgendliche Hürdenlauf über schlafende Okkupanten - allabendlich gibt es im Erdgeschoss Party, Theater, Musik, ohne Sperrzeit - noch die leichtere Übung sei. Auf Wunsch der Schlafenden seien auch später eintreffende Mitarbeiter bemüht, lautlos zum Arbeitsplatz zu gelangen. Inzwischen muss aber Theobald, im Rektorat zuständig für Innere Organisation, auch Hausmeister anderer Institute abkommandieren, was dann dort die Arbeit erschwere. "Im Laufe jedes Tages werden nicht weniger als 21 Angestellte vom Thema Besetzung absorbiert."
Die Sicht der Besetzer ist eine graduell andere. Wie Alexander Frank der BZ gestern mitteilte, habe man herausgefunden, dass hinter besagter Erklärung nur 25 von 110 Mitarbeitern stünden. Daraufhin habe das Plenum folgende Resolution beschlossen: "Wir versuchen, die Unannehmlichkeiten für das Personal so gering wie möglich zu halten. Wir können aber nicht auf unsere Forderungen verzichten." Die lauten im wesentlichen weiterhin: Keine Studiengebühr, demokratische Mitbestimmung der Studierenden, kostenloser Zugang zu Bildung und Rücktritt von Rektor Wolfgang Jäger. Das Plenum war sich gestern einig: "Wenn wir einen Rektor hätten, der unsere Forderungen unterstützen würde, wären wir längst weg."
Quelle: Badische Zeitung vom Samstag, 14. Mai 2005