WALDKIRCH. Wegen des Besitzes und Vertriebs von CDs mit rechtsradikalem Liedgut und ebensolchen Flaggen wurde ein 22-Jähriger aus einer Elztalgemeinde zu einer Geldstrafe von 8800 Euro verurteilt. Die Staatsanwaltschaft warf ihm das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung vor.
Der Angeklagte hatte mehrfach über das Internet CDs von Gruppen wie “Hassgesang”, “World Wide Free”, “Nahkampf” und anderen rechtsradikalen Bands in den USA bestellt. Die Staatsanwältin zitierte in der Verhandlung aus den Texten, die es an Deutlichkeit nicht fehlen ließen. In Zusammenarbeit mit der französischen Polizei war bekannt geworden, dass sich der Jugendliche 25 Flaggen und CDs an eine Postfachadresse im elsässischen Marckolsheim schicken ließ. Als der 22-Jährige das Paket abholen wollte, hielt ihn die deutsche Polizei gleich nach der Grenze an. Später wurden noch weitere Pakete abgefangen. Und bei einer Durchsuchung seines Zimmers im Hause seiner Eltern fand die Polizei 187 CDs mit rechtsradikalem Liedgut sowie Filme. Mehrere Pakete seien ganz offensichtlich für den Versand vorbereitet gewesen. Das “typische” Nazi-Zimmer hätten die Beamten allerdings nicht vorgefunden: Das Zimmer des Jugendlichen habe eigentlich nicht ungewöhnlich ausgesehen.
Undurchsichtig blieb das Motiv des jungen Mannes, der sich vor Gericht nur wenig zu den Tatvorwürfen äußerte. Er hätte gemeint, dass jeder ab 18 Jahren im Internet handeln dürfe. Ja, sagte die Richterin, aber nicht mit verbotenen Gegenständen. Die CDs habe er gesammelt, sagte der 22-Jährige: “Ich hör die einmal an und stell sie dann weg.” Er besitze rund 800 CDs; manchmal verkaufe er auch welche, für zwei bis fünf Euro Gewinn pro Scheibe.
“Haben Sie denn auch Kontakt zur rechtsradikalen Szene?”, fragte die Richterin. Zu drei, vier Leuten, “mehr nicht”, antwortete der Angeklagte. Auch der Polizist im Zeugenstand bestätigte, dass der Jugendliche bislang nicht bei rechtsradikalen Versammlungen oder Konzerten aufgefallen sei. Er mache eigentlich einen aufgeschlossenen Eindruck und habe die Taten auch gestanden. Auch die Staatsanwaltschaft hielt ihm bei der Urteilsbemessung zu gute, dass er sich im Verfahren kooperativ erwiesen habe. Sie schlug eine Geldstrafe von 220 Tagessätzen zu je 40 Euro vor - in schweren oder Wiederholungsfällen sind auch Freiheitsstrafen möglich.
Das Gericht folgte diesem Antrag, so dass der 22-Jährige nun 8800 Euro an den Staat, plus Verfahrenskosten, bezahlen muss. Und seine “Sammlung” dürfte jetzt deutlich ärmer sein: Das Gericht beschloss, die beschlagnahmten CDs und Flaggen einzubehalten.
Sylvia Timm
Badische Zeitung vom Dienstag, 6. Dezember 2005