Früher, erzählen die Alten und Älteren, verbreitete sich die Kunde von Protestaktionen mittels Telefonkette und Flugblatt. Telefonkette blieb gerne mal hängen, Flugblatt war kostspielig. Heute hat jeder Protest seine eigene Website im weltweiten Netz. Demokratisch und multifunktional kann hier wirklich unterschiedslos jeder - praktisch und theoretisch - Einblick nehmen in Auf- und Widerstand. Zum Beispiel die Studentenproteste. Unter www.freiburger-fruehling.de haben die eine ihrer digitalen Anlaufstellen. Die ist zwar "nicht direkt durch das Plenum legitimiert", wohl aber gut bestückt mit Aktuellem und Hintergründigem. Kleine Reminiszenz für ehemalige Handzettelverteiler: die Flugblätter gibt’s da zum Runterladen (zugegeben: mit der Aufforderung, die selbst kopierten Exemplare dann weiterzuverteilen). Auch die Protestsongs haben ihre virtuelle Abteilung ("Protestsong"), samt Text zum Mitlesen und digitalem Sound von mp3-Dateien aus dem Computer. Volkslied oder Rap: kurz reingehört und schon mitgesummt. Fotos von der Besetzung, Forderungskatalog und Solidaritätsadresse: hier kann man kurz vorbeischauen, ohne Fahrrad, ohne Moped, ohne Mühe. Und doch wird’s auch hier physisch: "Wir brauchen Bettlaken und Holzstangen. Und ein Headset." Das muss man dann aber schon selber bringen.
Julia Littmann
Quelle: Badische Zeitung vom Samstag, 14. Mai 2005