Von unserem Mitarbeiter Toni Klein
Die Unzufriedenheit im Uni-Rektorat steigt. Weniger bei den Studenten, die das Erdgeschoss des Gebäudes am Fahnenbergplatz seit dem 2. Mai besetzt halten. Dafür aber in den fünf Etagen darüber, wo immer mehr der 110 Rektorats-Mitarbeiter immer deutlicher ein Ende der "für uns unerträglichen Aktion" fordern. Nach mehreren Gesprächen zwischen beiden Seiten, die gestern ohne Schluss-Signal auseinander gingen, sagte Uni-Sprecher Rudolf-Werner Dreier: "Wir setzen weiter auf die Vernunft der Studierenden, dass sie die Besetzung bald beenden."
Offenbar funktioniert die Kommunikation zwischen Besetzern und Uni-Personal nicht mehr so geschmeidig wie noch vergangene Woche. Symptomatisch dafür ist ein Vorfall nach der Kundgebung am Donnerstag, auf der 5000 Demonstranten dem Protest-Frühling der Studenten frischen Wind verliehen hatten.
Danach wollten drei Mitarbeiterinnen des Rektorats den Besetzern mitteilen, wie sehr das Personal inzwischen unter Schichtdienst, Nachtwachen und chaotischem Dienstbetrieb leide. Eine sprach gegenüber der BZ von "dickem Hals und Rändern unter den Augen". Einige Studenten hätten die von den Mitarbeitern vorbereitete "Erklärung zur widerrechtlichen Besetzung" ins Besetzer-Plenum mitgenommen. Doch nach 40 Minuten gab es noch keinen Plenar-Konsens, ob man mit den draußen wartenden Mitarbeiterinnen überhaupt reden wolle. So zogen diese unverrichteter Dinge in den Feierabend - nach zwölf Arbeitsstunden, die sich nur um Besetzungsfolgen, Sicherheitsfragen, Polizeibesprechungen gedreht hatten.
An sich wirkt die Bauweise der ehemaligen französischen Kommandantur, in die 1997 das Uni-Rektorat einzog, nicht ungefällig. Doch in diesen Tagen erweist sich speziell das lichte Treppenhaus über der Eingangshalle als neuralgischer Punkt: Es verhindert eine Abriegelung der oberen Etagen, mit ihren teuren Laboren und Statuen. (Im Hause befinden sich auch die Institute für Hydrologie und für Archäologie.) So müssen nun 14 Wachhabende und pro Schicht sechs bis acht Polizeibeamte auch während der Feiertage dafür sorgen, dass die Besetzung aufs Erdgeschoss beschränkt bleibt.
Christine Theobald ist eine der drei un-erhörten Mitarbeiterinnen. Obwohl sie in den ersten drei Nächten der Besetzung vor Ort war und seither täglich von sechs bis 18 Uhr, sagt sie: "Die Demo am Donnerstag war ja eine gute Sache, die wir auch unterstützen. Man muss aber sehen, dass wir die Leidtragenden der Besetzung sind." Wobei der morgendliche Hürdenlauf über die schlafenden Okkupanden - allabendlich gibt es im Erdgeschoss Party, Theater, Musik, ohne Sperrzeit - noch die leichtere Übung sei. Auf Wunsch der Schlafenden seien auch die später eintreffenden Mitarbeiter bemüht, lautlos zu ihren Arbeitsplätzen zu gelangen. Inzwischen muss aber Theobald, im Rektorat zuständig für Innere Organisation, auch Hausmeister aus anderen Instituten abkommandieren, was dann dort die Arbeit nicht erleichtere. "Im Laufe jeden Tages werden nicht weniger als 21 Uni-Angestellte vom Thema Besetzung absorbiert."
Die Sicht der Besetzer ist eine graduell andere. Wie Alexander Frank der BZ gestern mitteilte, habe man herausgefunden, dass hinter besagter Erklärung nur 25 von 110 Mitarbeitern stünden. Daraufhin habe das Plenum folgende Resolution beschlossen: "Wir versuchen, die Unannehmlichkeiten für das Personal so gering wie möglich zu halten. Wir können aber nicht auf unsere Forderungen verzichten." Die lauten im wesentlichen weiterhin: Keine Studiengebühr, demokratische Mitbestimmung der Studierenden, kostenloser Zugang zu Bildung und Rücktritt von Rektor Wolfgang Jäger. Das Plenum war sich gestern einig: "Wenn wir einen Rektor hätten, der unsere Forderungen unterstützen würden, wären wir längst nicht mehr da."
Quelle: Badische Zeitung vom Samstag, 14. Mai 2005