Von unserem Redakteur Gerhard M. Kirk
Es gibt wahrlich manch Merkwürdiges in dieser Stadt. Das iz3w gehört dazu. Seit mehr als dreißig Jahren in einem Hinterhaus an der Kronenstraße daheim, entlockt das Kürzel den Jungen Schulterzucken und den Alten nostalgische Seufzer: "Ach ja, damals, als die Dritte Welt noch eine so genannte und es chic war, von hier aus die Fahne der Solidarität mit den herunterentwickelten Ländern hoch zu halten - dieses iz3w gibt’s noch? Erstaunlich!" Gar nicht erstaunlich, findet Rosaly Magg: "Wir erleben gerade eine Renaissance des Interesses an unserer Arbeit."
Die Mitarbeiterin des Informationszentrums 3. Welt führt das nicht zuletzt auf das Fernweh junger Leute zurück. "Man kann nur in fremde Länder reisen und vielleicht ein bisschen was davon verstehen, wenn man sich informiert." Also kommen sie zunehmend in jenes Hinterhaus, wo die Aktion Dritte Welt (ADW) seit Ende der 1960er Jahre Informationen über die "Zusammenhänge zwischen den Verhältnissen hier und dort" sammelt. So ist hier ein Archiv entstanden, das nicht nur in Freiburg seinesgleichen sucht: 120 000 Artikel, 600 ausgewertete Zeitungen und Zeitschriften, jede Menge "graue Schriften", Flugblätter.
Und wem der Weg in die Kronenstraße 16 a zu weit ist, kann sich nicht minder umfassend informieren lassen von der Zeitschrift iz3w, die mittlerweile bei Nummer 283 angekommen ist - allesamt gemacht von einer Redaktion mit ausschließlich Ehrenamtlichen. Christian Neven du Mont erinnert sich noch an die Anfänge: "Damals gab’s ja keine Informationen, diese Informationsarbeit mussten wir selbst leisten." Dabei ist es bis heute geblieben: Zusammenhänge aufzeigen; das Bild über die so genannte Dritte Welt zurechtrücken; der Entwicklungspolitik den Spiegel vorhalten.
Für Rosaly Magg ist es keine Frage: "Wir sind die wichtigste entwicklungspolitische Zeitschrift im deutschsprachigen Raum." Mit rund 3000 AbonnentInnen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. In den 1980er waren’s auch schon mal 8000. Doch, lächelt Christian Neven du Mont: "Die Solidarität mit den Kämpfen der Dritten Welt ist nicht mehr so in Mode." Womöglich hat sie aber auch nur ein anderes Gesicht bekommen. Denn "jeden Abend ist hier die Bude voll", erzählt Rosaly Magg - das "Eine-Welt-Haus" nutzen Gruppen wie etwa der Wiwili-Verein, die Informationsstelle Peru oder die Cuba-Gruppe.
Entsprechend groß war das Entsetzen bei dem Kleinbetrieb mit sieben fest Angestellten, als ruchbar wurde, dass die Stadt Freiburg künftig ihren jährlichen Zuschuss in Höhe von 5000 Euro nicht mehr zahlen will. Das scheint zwar zu vernachlässigen bei einem Jahresetat (2004) von mehr als 330 000 Euro. "Aber es war das einzig Verlässliche." Das meiste Geld nämlich steuern Spenden oder Projekte bei. "Wenn der städtische Zuschuss wegfallen würde", ist Rosaly Magg überzeugt, "dann ist auf lange Sicht die Existenz der Aktion Dritte Welt und des Informationszentrums gefährdet." Keine Zeitschrift iz 3 w mehr, keine Vorträge und Seminare mehr, kein Archiv mehr, keine Unterrichtsbesuche mehr. Es wäre eine weitere Merkwürdigkeit in dieser Stadt.
Informationen zu Aktion Dritte Welt und iz3w, Kronenstraße 16 a, unter [TEL] 0761/ 74 003 oder über "www.iz3w.org".
Quelle: Badische Zeitung vom Montag, 14. März 2005