Freiburg vernachlässigt seine Geschichte. Nachdem das Stadtarchiv - zur Einsparung der Leitungsstelle - zu einer Abteilung des Kulturamtes "degradiert" wurde, nun das geplante Aus für das Archiv für Soziale Bewegungen. Mit wenig Geld und viel Einsatz wird in beiden Archiven Geschichte bewahrt, der Öffentlichkeit und der Fachwelt zugänglich gemacht. Ein angedachter Neubau eines Archivs für Stadt und Universität ist in weite Ferne gerückt, unter den ohnehin schon bedrückend engen Verhältnissen ein Zusammenlegen des Archivs für soziale Bewegungen mit dem Stadtarchiv undenkbar. Gerade in diesen Wochen, in denen zum Jahrestag des Kriegsendes ein enormes Bedürfnis nach Aufklärung und Aufarbeitung von Geschichte sichtbar wird, zeigt sich die Bedeutung von Archiven. Darüber darf sich eine so geschichtsträchtige Stadt wie Freiburg nicht hinwegsetzen. Eine Einrichtung wie das "Archiv für Soziale Bewegungen" gehört dazu, ist bundesweit eine der wenigen Informationsquellen und Sammelstelle jüngster Vergangenheit, in der Freiburg und die Region eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben, von der Studentenbewegung über den Wyhl-Protest bis hin zur Verhinderung des Naziaufmarsches. Auch das Bewahren und Pflegen von Dokumenten der Geschichte gehört zu einer nachhaltigen Stadtpolitik. "Nai hemmer gsait" - Sie erinnern sich, Herr Oberbürgermeister?
Renate Kiefer, Freiburg
Quelle: Badische Zeitung vom Dienstag, 1. März 2005