Südbadisches Aktionsbündnis gegen Abschiebungen (SAGA)
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Am 17. Mai 06 wurden Personen, die aus Liberia stammen, „Vertretern der liberianischen Botschaft in den Räumen des Polizeireviers Ludwigsburg“ vorgeführt werden. Morgens um 4.30 ging es los.
Darunter befand sich auch ein 17-jähriger junger Mann aus Liberia, der inzwischen privat bei seinem künftigen Adoptivvater wohnt und in die Schule geht. Auch er wurde frühmorgens durch zahlreiche Polizeibeamte aus dem Schlaf geschreckt. Zusammen mit anderen wurde er gegen 6.30 von Freiburg nach Ludwigsburg befördert. Dort waren bereits zahlreiche andere Afrikaner, nicht nur aus Baden-Württemberg. Die Polizei hatte inzwischen auch noch durchblicken lassen, dass man Vielen die Herkunft aus Liberia nicht glauben würde. Die Abschiebebehörde geht ohnehin davon aus, dass niemand aus Liberia kommt, sondern die Mehrheit von ihnen aus Nigeria. Und Liberia weigert sich grundsätzlich, jemanden anzuerkennen. (Nigeria „nimmt“ aufgrund der guten diplomatischen Kontakte „fast alles“).
Bei jeweils 5-minütigen Vorführungen vor drei unbekannten „Vertretern der liberianischen Botschaft“ (zwei Männer, eine Frau) sowie zwei weißen Personen (vermutlich Vertretern des Stuttgarter Regierungspräsidiums) wurden Befragungen zu Liberia und Monrovia durchgeführt. Wer in diesen Räumlichkeiten die Hoheitsgewalt hat, wurde nicht klargestellt. Ob diese kurzzeitig zu einem liberianischen Konsulat umfunktioniert wurde, ob es eine deutsches (Polizei-)Revier mit Befehlsrecht für die ausländische Einrichtung oder gar exterritoriales Gelände ist - dies weiß niemand und wurde auch niemanden erklärt. Prozessbevollmächtigte waren augenscheinlich auch nicht vor Ort.
Nach Ende dieses Schnelldurchlaufs sollten die Vorgeführten noch Erklärungen unterschreiben, dass sie nicht aus Liberia kommen würden - was wohl überwiegend verweigert wurde. Die Vorführung dauerte insgesamt von ca. 10.00 bis zum Nachmittag.
Bei dem jugendlichen Mann aus Liberia, gegen dessen Herkunft aus Liberia bis heute keine Zweifel erhoben wurden, sollte -neben seinem Alter- auch festgestellt werden, dass er eine „sonstige afrikanische Staatsangehörigkeit“ habe. Er wird derzeit adoptiert. Trotz dem laufenden Adoptionsverfahren wurde die Vorführung durchgesetzt. Das Verwaltungsgericht Freiburg, um diese Frage angerufen, meint in einem Eilbeschluss hierzu: (es) „sind keine überzeugenden Gründe erkennbar, die gegen eine Rechtmäßigkeit der Vorführung des Antragstellers bei der Auslandsvertretung der Republik Liberia zum Zweck der Klärung seiner Identität und Nationalität sprechen.“ Es hält dazu noch fest: „Die Stellung eines gerichtlichen Eilantrags erst am Tag der Vollstreckung (während der laufenden Vorführung) dürfte hiernach bereits rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig sein“ (17.5.06 -2 K 958/06).
Die Methoden, die die Abschiebebehörden durchsetzen, werden immer dreister. Sie schrecken nicht einmal davor zurück, laufende Adoptionsverfahren nicht abzuwarten, sondern halten an ihren „Rückführungsmaßnahmen“ fest. Einfache Regelungen für Minderjährige oder Pflegekinder werden grob missachtet. Und das Verwaltungsgericht segnet derartige Vorgehensweisen in Eilbeschlüssen ab.
SAGA, 19.5.06