Der Begriff "Volksgemeinschaft" erfreute sich vor allem ab 1914, dem Beginn des ersten Weltkrieges, großer Beliebtheit, auch weil er der Expansionspolitik des deutschen Kapitals dienlich war. Der Ausspruch "Ich kenne keine Parteien mehr, ich kenne nur noch Deutsche" war für die deutsche Gesellschaft und Politik bis zur Niederschlagung des "Dritten Reiches" wichtig, obwohl es zwischen Ende des Ersten Weltkriegs und dem Beginn des "Dritten Reiches" erstmals auch ernsthafte Klassenauseinendersetzungen gab, die den damaligen Trend zur "Volksgemeinschaft" nicht unbedingt bestätigen wollten. Die "Volksgemeinschaft" machte alle Deutschen gleich, die Grenzen zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen waren in der Gemeinschaft aufgelöst, denn alle kämpften und starben ja angeblich für Volk und Vaterland. Die Frage nach nationaler Herkunft und angeborenen Wesensmerkmalen führte dazu, dass sich Menschen aus verschiedenen Schichten, Klassen und politischen Hintergründen eine völkische Identität konstruierten. In der "Volksgemeinschaft" des Nationalsozialismus wurden Klassenwidersprüche aufgelöst, neuer Bezugspunkt – ob für KapitalistInnen oder für ArbeiterInnen – war das Konstrukt des Volkes.
Für die NationalsozialistInnen war die "Volksgemeinschaft" Programm. Jede/r Deutsche sollte sich in ihr wieder finden, jede/r sollte in ihr aufgehen und bereit sein, alles für sie zu tun. Die Illusion, sich mit einer riesigen "Volksmasse" emotional verbunden zu fühlen, wurde im Dritten Reich regelmäßig inszeniert. Der Begriff "Volk" mit all seinen Zusammensetzungen wurde in der NS- Diktatur so wahllos und verschwenderisch verwendet, dass er sich jeglicher rationaler Definition entzog und letzen Endes in der Definitionsgewalt des Führers sowie seiner Richter lag.
Ähnlich verhält es sich mit der BDVG. Auch in ihren Schriften und auf der Website lässt sich keine genaue Fassung bzw. Definition des Begriffs finden.
Es lassen sich allerdings zwei grundlegende Elemente der nationalsozialistischen "Volksgemeinschaft" konstruieren, die in jeder Rede, jedem Flugblatt etc. auftauchen:
Die "Volksgemeinschaft" als Blut, Boden und Rassengemeinschaft
Die Zugehörigkeit zur "arischen Rasse" ist quasi Grundvoraussetzung für die Teilhabe an der nationalen "Volksgemeinschaft". In einem Kontaktbrief der BDVG an einen Interessenten heißt es: "... kämpfen wir für das Über- und Weiterleben des deutschen Volkes und der gesamten weißen Rasse..." Dabei wurde und wird in dieser Pseudowissenschaft jeder historische Prozess ausgeblendet und verkannt, in dem das deutsche Volk weder in der Sache selbst, noch im Namen eine historische Konstante ist. Die Ideologie der Nazis besagt, dass das Volk im Gegensatz zum Individuum nicht vergänglich sei. In einem BDVG-Text zur biologischen Weltanschauung heißt es: "Mensch und Rasse, Volk, Stamm, Sippe und Familie sind naturgegebene Wirklichkeit." – zur Veränderung unfähig? Im Dritten Reich war die "Rassengemeinschaft" vor allem eine Ausgrenzungsgemeinschaft gegenüber Juden und Jüdinnen.
Die "Volksgemeinschaft" als weltanschauliche Gemeinschaft (Religion)
Die BDVG bezeichnet sich – wie die NSDAP – vor allem als weltanschauliche Gemeinschaft. Das Denken und die Einstellung müssen also stimmen, bevor man mitmachen kann. Im Nationalsozialismus galten KommunistInnen, DemokratInnen und andere WiderstandskämpferInnen nicht einfach nur als GegnerInnen des Systems, sie waren per Definition keine Mitglieder der "Volksgemeinschaft", sondern galten als zu bekämpfende Elemente, welche zersetzend auf die deutsche "Volksgemeinschaft" wirken würden. Sie sei von Heroismus, Disziplin, Tugend, Einfachheit, Einsatz- und Opferbereitschaft gekennzeichnet gewesen und zu regenerieren.
"Du bist nichts, dein Volk ist alles!", dieser Spruch aus dem "Dritten Reich" bezeichnet sehr genau die geforderte Opferbereitschaft. Das macht auch die BDVG ihren Mitgliedern in der Beitrittsbestätigung klar. Dort heißt es: "Eine Mitgliedschaft in unserer Gemeinschaft ist hauptsächlich mit Pflichten verbunden."
Antikapitalismus und "Volksgemeinschaft"
Der bürgerlich-kapitalistische Staat mitsamt seiner Erscheinungen, wie individuelles Konkurrenzprinzip etc. wurde während des Nationalsozialismus kollektiviert und auf die Ebene der "Volksgemeinschaft" als "Rassekampf" projiziert. Dieses "Bündnis aus Kapital und Mob" (Hannah Arendt) war mit entscheidend für die Herausbildung der spezifisch deutschen Krisenbewältigung – dem Nationalsozialismus. Die BDVG bezeichnet sich als eine antikapitalistische Bewegung. Aus der Ideologie der "Volksgemeinschaft" erklärt, ist es vor allem "...die krankhafte Betonung des Materiellen und der Ichsucht […] oder auch die Überbetonung des Einzelnen über die Interessen der Gemeinschaft", die ihr den Kapitalismus unsympathisch macht. Der/Die Einzelne sollte seine/ihre Arbeit nicht aus dem Bedürfnis nach eigener Existenzsicherung vollbringen, sondern alles für die Gemeinschaft geben. Der Leistungsterror einer kapitalistischen Gesellschaft wird in keiner Weise hinterfragt, das individuelle Konkurrenzprinzip der bürgerliche-kapitalistischen Gesellschaft wird nicht negiert, sondern auf eine abstraktere, höhere Ebene gezogen. Der Mensch soll nach seiner Leistung bewertet werden, vor allem nach der, die er für die Gemeinschaft bringt. Das dann trotzdem unter ausbeuterischen Bedingungen, mit Arbeits- und Leistungszwang erwirtschaftete Geld soll dem Staat und somit der "deutschen Volksgemeinschaf" zugute kommen. Die Bedürfnisse der/des Einzelnen sollen nur zugelassen werden, wenn sie der Gemeinschaft entsprechen. Die antikapitalistische Farce kann allerdings nicht über die bürgerlich-kapitalistischen Einflüsse in der nationalsozialistischen Ideologie hinwegtäuschen. Auch die bürgerlichen, spießigen Sekundärtugenden und ihre Anhängsel, wie Ehre, Treue, Sauberkeit oder geschlechtliche Rollenverteilung wurden übernommen, kollektiviert und stark überdehnt. Die BDVG bezeichnet die Wirtschaftsordnung des "Dritten Reiches" als "einstmals vorbildliche Wirtschaftsordnung", also die: tödliche Arbeit in den Konzentrationslagern, Degradierung von Frauen zu Gebähr- und Zuchtmaschinen, Enteignung jüdischen Eigentums, Ausradierung von "lebens(leistungs!)unwertem" Leben, Kriegswirtschaft, sowie die Ausbeutung von ZwangsarbeiterInnen wird im Wahnbild der BDVG-NationalsozialistInnen als kompetente Gesellschaftsökonomie angesehen.
Die Soziale Frage und die deutsch- bundesrepublikanische Gesellschaft
Mit Hartz IV und dem Zuwanderungsgesetz verschärft sich der Ton gegenüber Menschen, die eh schon von der bundesrepublikanischen Gemeinschaft ausgeschlossen sind. Wer nicht durch das soziale Gefüge des deutschen Sozialstaates fallen will, muss bereit sein, alles für die eigene Ausbeutung (Arbeit) zu Gunsten des deutschen Kapitals zu geben, jeden Arbeitsplatz, zu jeden Bedingungen, egal wo, annehmen. Die 1€-Jobs sind das beste Beispiel dieses unglaublichen Arbeitszwang-Systems. Jemand der möglicherweise 30 Jahre lang malocht hat und für jegliche Arbeit "unvermittelbar" ist, hat die Pflicht froh darüber zu sein, dass er überhaupt das Arbeitslosengeld II bekommt. Denn, wie Rürup, Chef des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Wirtschaftsentwicklung, es bei Sabine Christiansen (ARD) sagte: "Eine alleinerziehende Mutter würde auch von der Sozialhilfe leben müssen." Da sei es ja ungerecht wenn ein Arbeitsloser mehr Geld bekäme. Gesellschaftliche Gruppen werden so gegeneinander ausgespielt. Jeder soll glauben, dass der andere zu Recht genauso oder mehr für Deutschland leidet. Die Letzten im Glied dieser Gesellschaft, Menschen ohne deutschen Pass, trifft es am härtesten. Sie werden nach "nützlichen und nicht-nützlichen Ausländern"(Beckstein, bayerischer Innenminister, CSU) sortiert. Ausländische ArbeiterInnen sind nur dann willkommen, wenn sie gebraucht werden. Im Grunde konzentrieren sich aber PolitikerInnen und WirtschaftsvertreterInnen aller Seiten eher darauf das deutsche Kapital deutsch zu erhalten, wie es in Rüttgers’ (Vorsitzender der CDU-NRW) Aussage "Kinder statt Inder" deutlich wird. Asylsuchende können schon allein aufgrund einer Antragstellung beim Sozialamt abgeschoben werden. Solche Diskriminierungen zugunsten einer "deutschen Gemeinschaft" und ihrem Menschenverwertungsapparat können ab dem Grundgesetz an laufend aufgelistet werden. Dieser Menschensortiererei, Ausbeutung und Verharmlosung von erbärmlichen Lebensbedingungen ist folglich nur eins entgegenzusetzen: die Überwindung des Kapitalismus und der Nation.
"Volksgemeinschaft" und kein Ende
Heute ist die "Volksgemeinschaft" im öffentlichen Diskurs kein allzu beliebter Begriff mehr. Das mag vor allem an seiner negativen Besetzung liegen. Was darunter aber verstanden werden kann, ist heute beliebter denn je. Nach dem Erlebnis der deutschen Wiedervereinigung, die mit stark völkischen Komponenten aufgeladen war, als sich die "Volksmassen" wieder zum ersten Mal als "ein Ganzes" fühlten und viele von ihnen auch gerne die "Ostgebiete" eingeschlossen hätten, ist es zunehmend in geworden, sich als "ein Volk zu fühlen." Die "Volksgemeinschaft" konstituiert sich momentan in erster Linie als eine transformierte Erinnerungs- und Opfergemeinschaft. Der nationale Rollback präsentiert sich als trendy Geschichtsbewältigung in allen gesellschaftlichen Teilbereichen. Leitkulturdebatte, popkulturelle Deutschtümelei, Oder-Flut, die Relativierung der eigenen Geschichte und der damit verbundene Griff nach weltpolitischer Bedeutung (Macht) lassen nicht einmal mehr einen verwerflichen Moment daran, sich als deutsch und deswegen gut oder sogar besser als "die Engländer, Amerikaner, Russen" etc. zu fühlen. Die Präsentation einer geläuterten, selbsbewussten deutschen Nation konstituiert eine neue Gemeinschaft, die Auschwitz in ihrer geschichtsvergessenen Logik relativiert. Dass es bei dieser Rhetorik Neo-Nazis wie z. B. der BDVG leicht gemacht wird, mit ihrer menschenverachtenden Ideologie in die Gesellschaft hineinzuwirken und diese zu beeinflussen, dürfte eigentlich niemanden wundern. Schon gar nicht die, die immerzu vom "Aufstand der Anständigen" sprechen und dabei selbst Denkmuster pflegen, die einem gesellschaftlichen Rechtsruck die Türen öffnen.
Weitere Infos gibt es auf unserer Übersichtsseite zur BDVG.