Sehr geehrte Damen und Herren,
nachfolgend eine Erklärung zu der auf Antrag der Staatsanwaltschaft Freiburg angeordneten Hausdurchsuchung in Freiburg am 08.12.04:
Die Staatsanwaltschaft Freiburg wirft meinem Mandanten vor, er habe am 14.11.04 gegen 14.00 Uhr ein Flugblatt ausgegeben, das in einer Straßenbahn der Linie 6 in Freiburg verteilt worden ist. In diesem Flugblatt wird gefordert "Freie Fahrt für alle" und wird das Schwarzfahren als "attraktive Alternative" für diejenigen, die wenig oder kein Geld haben, propagiert.
Ein solcher Vorwurf bedürfte zu seiner beweismäßigen Absicherung keiner Hausdurchsuchung und der Beschlagnahme sämtlicher PCs der Bewohner der Wohngemeinschaft, in der auch mein Mandant wohnt. Deshalb wird als weiterer Vorwurf in dem Beschlagnahmebeschluss genannt, dass auf der Website der Antifa Freiburg zu einer "Umsonst-Badeaktion" aufgerufen worden sei. Tatsächlich sei es aber zu dieser Aktion nicht gekommen.
Die Staatsanwaltschaft wird Schwierigkeiten haben, darzulegen, dass in den "Umsonst-Aktionen" zu bestimmten Straftaten aufgefordert worden ist. Die Kommentierung nennt als Beispiel für die Abgrenzung die Parole "haut die Bullen platt wie Stullen". Das könne je nach Äußerungssituation eine tatbestandliche Aufforderung, im Einzelfall aber auch eine nichtstrafbare unkonkretisierte Widerstandsparole sein. Es sei jeweils auf den Hintergrund des Geschehens abzustellen.
Der Hintergrund des Geschehens ist vorliegend ganz eindeutig ein politischer. Es wird vorliegend klargestellt, dass das Benutzen öffentlicher Schwimmbäder oder öffentlicher Verkehrsmittel zunehmend "ein Luxus für die wird, die es sich leisten können". Dagegen wird protestiert und aufgerufen, dies nicht widerstandslos hinzunehmen. Eine solche Äußerung ist von Art. 5 (Meinungsfreiheit) gedeckt und sollte nicht durch das Strafgesetzbuch verunmöglicht werden.
Darüber hinaus ist die Beschlagnahme nicht nur des Computers des Beschuldigten, sondern aller Computer, auch der Mitbewohner in der Wohngemeinschaft, sowie zahlreicher CDs, Schriften etc. nur dann rechtens, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich Beweismittel in den anderen PCs befinden. Es genügt nicht die Behauptung, dass es in einer Wohngemeinschaft immer möglich sei, dass auch PCs der Mitbewohner benutzt werden. Bei der Entscheidung muss der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz berücksichtigt werden, wonach die Durchsuchung und Beschlagnahme in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere der Straftat und zur Stärke des Tatverdachts stehen. Es handelt sich vorliegend um eine Straftat, die nach Auffassung vieler nicht ins Strafgesetzbuch gehört (Schwarzfahren). Sie rangiert aber in jedem Falle an der untersten Skala der im Strafgesetzbuch erhaltenen Vorwürfe. Entsprechend ist ein schwerwiegender Eingriff bei einem solchen Vorwurf nicht verhältnismäßig.
Dazu kommt, dass nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft wegen der Personalenge nicht gesagt werden könne, wann die PCs wieder herausgegeben werden können. Dies aber bedeutet, dass die PCs möglicherweise Wochen und Monate lang nicht benutzt werden können.
Insgesamt entsteht der Eindruck, dass hier seitens des Dezernats Staatsschutz die Gelegenheit beim Schopf ergriffen wird, um die Antifa Freiburg "auszuleuchten". Dafür genügt ein geringfügiger Vorwurf, wenn er nur ermöglicht, dass die entsprechenden Unterlagen für eine Auswertung sichergestellt werden können. Dies scheint das eigentliche Ziel der Operation zu sein.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Moos
Rechtsanwalt
Weitere Infos gibt es in unserer Repressionsdokumentation.