Von unserer Korrespondentin Katja Bauer
BERLIN. Der rechten Szene geht es auf neue Art an den Kragen: Polizisten beschlagnahmen jetzt auf offener Straße T-Shirts. Denn Gerichte halten das Runenlogo der Neonazi-Kultmarke "Thor Steinar" für illegal.
Den jungen Männern, die neulich vor der Russischen Botschaft in Berlin ihr Mütchen kühlen wollten, dürfte das Lachen in kühler Herbstnacht vergangen sein. Gerade hoben sie den Arm zum Hitlergruß, und aus einem Handy schallte eine Führer-Rede mit den Worten "Sieg Heil!" als Klingelton, da traf die Polizei ein. Und die Beamten nahmen nicht nur die Personalien auf, sondern behielten auch fünf Pullover und eine Mütze. Nun wird wegen des Tragens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen ermittelt. Darauf stehen Geldstrafe oder bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe.
Selten sind auch die härtesten unter den braunen Gesellen so dumm, dass sie ganz offen ein Hakenkreuz trügen. Längst hat sich ein eigener Dresscode entwickelt, dessen Mode und Marken immer unauffälliger werden. Waren es vor Jahren noch Springerstiefel und Bomberjacken, so kann man heute einen Rechten oft auf den ersten Blick kaum von einem Rapper unterscheiden.
Zu den Kultmarken der Szene gehört die Neuruppiner Firma "Thor Steinar" mit ihrem Logo, das aus verfremdeten altgermanischen Runen besteht. Der nordische Look lässt sich unschwer mit dem Nationalsozialismus assoziieren. Das hielt bisher niemand für strafrechtlich relevant. Seit einiger Zeit aber beschlagnahmen Polizisten T-Shirts.
Nun hat das Landgericht Neuruppin die Beschwerde eines Mannes zurückgewiesen, dessen Hemd eingezogen worden war. Das Gericht berief sich darauf, dass das Logo den Kennzeichen nationalsozialistischer Organisationen zum Verwechseln ähnlich sehe. Es enthalte die Tyr-Rune, die Wolfsangel und auch eine verfremdete Sig-Rune - Symbole beispielsweise von SA-Reichsführerschulen oder einer SS-Grenadierdivision. Die Firma wurde durchsucht, Kleidung beschlagnahmt. Jetzt vertreibt sie "wegen der rechtlich ungeklärten Situation" ihre Kleidung zunächst ohne Logo. "Es wird nicht lange dauern, bis das Verbot mit einer neuen Marke oder neuen Codes unterlaufen wird", sagt Bianca Klose vom Berliner Beratungsteam Rechtsextremismus. Schon jetzt trägt mancher Neonazi ein Bild von Che Guevara auf der Brust.
Quelle: Badische Zeitung vom Freitag, 26. November 2004