Eine Demonstration der linken Szene Freiburgs ist gestern eskaliert. Beim Marsch durch die Innenstadt versuchte die Menge, aus der Umzingelung der mit Schlagstöcken ausgestatteten Polizisten auszubrechen. Dabei wurden einige der rund 200 Demonstranten gewalttätig. Als Anlass des Aufmarschs benannten die Verantwortlichen Repressalien der Polizei.
Von Adrian Hoffmann
Es war ein ungewöhnliches Bild in der Vorweihnachtszeit: Umgeben von der einkaufenden Menschenmasse rangelten sich Demonstranten und Polizisten am Bertoldsbrunnen. Die Situation geriet kurzzeitig außer Kontrolle, als ein Feuerspucker seinen Stock aus der Menge herauswarf. Ein Polizist trat das Feuer aus, woraufhin sich die Demonstranten so sehr erregten, dass sie wild gegen die Wand der Polizisten anliefen. Dabei bekam ein Polizist eine Flasche ins Gesicht, ein anderer vermutlich Spiritus ins Auge - er musste in die Klinik.
"Es folgt garantiert eine Strafanzeige", sagte Ulrich Brecht, der Sprecher der Polizei. Der Täter wurde in Gewahrsam genommen und verhört, einige Demonstranten mit Farbbeuteln wurden kontrolliert. Der Verkehr der Straßenbahnen war fast eine halbe Stunde lang lahm gelegt. Eine Bahn der Linie 4 musste rückwärts aus dem Pulk herausgefahren werden. Die Demonstranten warfen Eier und zertrümmerten eine Scheibe der Bahn. Die Polizisten, die den Demonstranten vermutlich zahlenmäßig überlegen waren, rannten in Gruppen zwischen der Masse hin und her. Sie waren sichtlich nervös und teilweise überfordert, sie versuchten, Fotografien der Auseinandersetzung durch Zivilpersonen zu verhindern.
Als Grund für die Demonstration, zu der im Internet aufgerufen worden war, nannten die Verantwortlichen der Antifa eine Repressionswelle der Polizei gegenüber ihrer Bewegung. Sie bezogen sich auf eine Hausdurchsuchung vor zwei Wochen in einer Freiburger WG. Dabei waren die vier Zimmer, der Keller und ein Auto durchsucht und die Computer und Datenträger beschlagnahmt worden. Vor der Durchsuchung hatte einer der Bewohner auf einem Flugblatt zum kollektiven Schwarzfahren aufgerufen. "Wir lassen uns nicht widerstandslos kriminalisieren", war die Parole der Demonstranten.
Schon zu Beginn der Demonstration um 14 Uhr deuteten vereinzelte Aktionen in der Menge darauf hin, dass der Marsch nicht friedlich verlaufen würde. Es fand sich kein Ansprechpartner, der den Polizisten über die geplante Route auskunft geben wollte. Stattdessen versuchten die Demonstranten von Anfang an, die Reihen der Polizisten zu durchbrechen. "Füllt die Lücke", rief einer der Polizisten in Hektik seinen Kollegen zu, als die Menge die Richtung wechselte, um aus der Umzingelung zu entkommen. Nachdem einer der Demonstranten die Route bekannt gegeben hatte, gewährte die Polizei die unangemeldete Aktion.
Quelle: Der Sonntag vom Sonntag, 19. Dezember 2004