Bei der Demonstration gegen Repression am vergangenen Samstag gab es Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten ("Unfriedliche Demo gegen Repression", BZ vom 20. Dezember)
"Lässt Maß vermissen"
Es ist offenbar wieder soweit: Die Freiburger Polizei und die Freiburger Justiz betreiben die Kriminalisierung junger linker Demokraten. Obwohl die Taktik der Einkesselung von Demonstranten und Demonstrantinnen in den vergangenen Jahren schon mehrmals gerichtlich als rechtswidrig bezeichnet wurde, praktiziert die Freiburger Polizei sie erneut. Auch beim Anlass der Demonstration bricht die Freiburger Justiz geltendes Recht: Ein Flugblatt, das in ironischer Form zum Schwarzfahren in Straßenbahnen ermuntert, als Grund für Wegnahme der Personalcomputer gleich bei vier Personen zu nehmen, lässt jegliches rechtsstaatliche Maß vermissen. Wer dieses Flugblatt als Aufforderung zur Straftat wertet, verkennt seinen Sinn. Es geht hier nicht um pubertären Egoismus und Erschleichen von Vorteilen. Es wird satirisch darauf aufmerksam gemacht, dass sich viele das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr leisten können und sie in einem sozialen Grundrecht eingeschränkt werden. Hier wird soziale Gewalt praktiziert, und es ist bezeichnend, dass gegen diejenigen, die sich gegen diese Gewalt wehren, mit polizeilicher Gewalt und Kriminalisierung vorgegangen wird.
Rüdiger Scholz, Bärbel Schulze-Scholz
"Froh über die Polizei"
Als Augenzeuge der Demonstration der so genannten Antifaschisten gegen die angebliche Repression durch die Polizei bin ich sehr erstaunt über ihre Berichterstattung. Objektiv ist sie nicht. Es wird die Meinung von Personen zitiert, die kritisch dem Polizeieinsatz gegenüber stehen, zum Beispiel die des Stadtrats Michael Moos, von dem man nicht einmal erfährt, ob er dabei war, der die "durch nichts gerechtfertigte Härte des Polizeieinsatzes" betont. Die Tatsache, dass die Demonstranten mit Flaschen, Farbbeuteln, gefährlichen Flüssigkeiten und Eiern ausgerüstet sind und ohne Genehmigung demonstrieren, beantwortet die zitierte Frage des Augenzeugen Michael Berger: "Wozu das riesige Polizeiaufgebot"? Der - zugegeben pfiffige - Schlachtruf der Demonstranten "Feuer und Flamme für diesen Staat" lässt erkennen, dass diese Leute nicht auf dem Boden des Grundgesetzes stehen. Wenn man sich nur über dumme Sprüche der NPD in Sachsen aufgeregt und die Ziele der Linksradikalen übersieht, hat man hier auch bald mehr rechtsradikale Wähler. Ich jedenfalls bin froh über Taktik und Verhalten der Polizei, die vor den schlimmsten Folgen bewahren konnte.
Helmut Moers, Freiburg
"Provozierende Strategie"
Ich wurde selbst Zeuge des in dieser Phase noch friedlichen Demonstrationszuges um die Mittagszeit in Höhe Regierungspräsidium, nachdem ich mich über das unglaublich große und sehr martialisch, fast militärisch auftretende Polizeiaufgebot um ein paar Demonstranten herum nicht nur gewundert, sondern auch mit Beklemmungsgefühlen reagiert hatte. Ich fühlte mich sofort an den so genannten (und rechtswidrigen) Münchner Kessel erinnert, so zusammengedrängt wurde das kleine Demonstrantenhäuflein zwischen all der martialischen Staatsgewalt. Selbst als unbeteiligter Zufallspassant entstanden bei mir klaustrophobische Gefühle. Leider habe ich den weiteren Ablauf nicht mehr verfolgt, aber mich wundert es nicht, wenn durch diese "Polizeitaktik" Gewalt entsteht. Auch wenn ich sonst sparsam mit diesem Begriff umgehen möchte, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, als habe hier durch eine offen provozierende Strategie der letzte Rest einer kleinen unangenehmen Gruppierung überdeutlich in seine Grenzen gesetzt werden sollen. Mir scheint auch, dass ein Aufgebot von schätzungsweise drei Beamten auf einen Demonstranten kaum noch rechtlich Verhältnismäßigkeitsgrundsätzen entsprechen dürfte. Man hat in Freiburg schon einiges an Demonstrationen, auch in anderen Größendimensionen, erleben dürfen, aber so eine in genanntem Unverhältnis stehende Machtdemonstration der Polizei habe ich sicher seit rund zwanzig Jahren nicht mehr gesehen.
Dietmar Berron-Brena, Freiburg
Quelle: Badische Zeitung vom Mittwoch, 22. Dezember 2004