Von unserem Mitarbeiter Peter Sliwka
Ungewöhnlich viele Polizisten in Uniform patrouillierten gestern vor und im Amtsgericht. Besucher wurden nach Waffen durchsucht, das Gericht befürchtete massive Störungen. Auf der Tagesordnung standen die juristischen Nachwehen eines illegalen Techno-Festivals, das die Polizei Anfang April 2004 am Opfinger Baggersee aufgelöst hatte.
Die Polizeipräsenz vor dem Gericht war für nötig gehalten worden, weil weil im Internet zur Störung der Verhandlung aufgerufen worden war. Auch im April 2004 waren die Behörden über das Internet auf das illegale Festival aufmerksam geworden. Sie fanden Spuren, die zu einem 30-jährigen Freiburger führten. In ihm sah die Stadt den Organisator der nach dem Waldgesetz keinesfalls genehmigungsfähigen Techno-Party. Sie stufte sein Verhalten als Ordnungswidrigkeit ein und schickte ihm zwei Bußgeldbescheide über je 1500 Euro. Er legte dagegen Rechtsmittel ein.
Vor Gericht glänzte der 30-Jährige gestern durch Abwesenheit. Ein ärztliches Attest bescheinigte ihm Verhandlungsunfähigkeit. Unmittelbar vor der Verhandlung sei er observiert worden und habe dabei beileibe keinen kranken Eindruck erweckt. In einer Verhandlungspause ließ sich der Richter telefonisch von einer Angestellten des Hausarztes die Erkrankung des 30-Jährigen mitteilen: "Psychisch-vegetativer Erschöpfungszustand." Wer vor den Augen der Polizei, so der Richter, in einer Wagenburg Autos umparke und unmittelbar vor einer Verhandlung Auto fahren könne, sei verhandlungsfähig. Mit diese Begründung verwarf er den Einspruch des 30-Jährigen wegen unentschuldigten Fernbleibens.
Entbindet ein Attest auch die Angestellte eines Arztes von ihrer Schweigepflicht? Im Prinzip ja, meinte gestern der Freiburger Medizinrechtler Hans-Georg Koch. Er gab jedoch zu bedenken, ob die Angaben einer "Hilfsperson" des Arztes ausreichend seien, um darauf eine richterliche Entscheidung zu stützen.
Quelle: Badische Zeitung vom Freitag, 12. November 2004