Dass es sie nicht kalt lässt, wie vor langer Zeit demokratische Grundlagen mühsam erkämpft wurden, bewiesen rund 150 Freiburgerinnen und Freiburger am Samstag: Sie kamen zum ehemaligen Wiehre-Friedhof, wo die neue Gedenktafel des Revolutionärs Maximilian Dortu feierlich der Öffentlichkeit übergeben wurde - genau 155 Jahre nach seiner Hinrichtung. Ein Teil von ihnen erkundete anschließend bei einem "Revolutionsspaziergang" vier Plätze, die in der badischen Revolution eine Rolle spielten.
Von unserer Mitarbeiterin Anja Bochtler
Ob das Schwabentor oder das Regierungspräsidium, das Rathaus oder das Kino "Harmonie": Bekannt ist in Freiburg jeder dieser Orte. Und doch ist, was sich dort während der Revolution 1848/49 abspielte, längst in Vergessenheit geraten. Zum Beispiel das letzte Gefecht der Aufständischen um Friedrich Hecker gegen die Regierungstruppen am Schwabentor. Ein erfolgloser Kampf für die Revolutionäre - kein Wunder angesichts der Tatsache, dass die Regierungstruppen die Stadt umzingelt hatten und die Züge der Aufständischen zerschlugen, betont Heinz Siebold. Er führte auf diesem "Revolutionsspaziergang" und war Initiator des Engagements für die neue Gedenktafel (die BZ berichtete).
Das Gedenken an den Rechtsreferendar Maximilian Dortu, der im Alter von 23 Jahren nach seiner Flucht aus Potsdam in Freiburg erschossen wurde, dient dabei einem umfassenderen Zweck: An die Wurzeln der Demokratie soll erinnert werden - auch, um sie dadurch neu zu sichern. Darum gehe es, nicht um einen "Heldenkult" um den jungen Revolutionär, betonte auch Oberbürgermeister Dieter Salomon in seiner Ansprache. Diesem Gedenken will man sich in Potsdam, dem Heimatort Maximilian Dortus, verstärkt anschließen: Gerhard Meck, Fachbereichsleiter für Museen und Kultur in Potsdam, und Jörg Kwapis von einer Potsdamer Bürgerinitiative bekräftigten das bei ihrem Besuch in Freiburg. Geplant ist dort unter anderem ein Denkmal. Und die Freiburger erfuhren auch, was Anfang 1849 im Basler Hof des Regierungspräsidiums mit Gustav Struve, einer der wichtigsten badischen Revolutionäre, geschah: Von einem Schwurgericht wurde er damals wegen "Aufruhr und Hochverrat" verurteilt und in die Festungshaft Bruchsal gebracht. Später befreiten ihn meuternde Soldaten, schließlich floh er, wie Carl von Rotteck junior, Friedrich Hecker und andere in die USA.
Carl Mez dagegen kam auch nach der gescheiterten Revolution wieder an den Ort, von dem aus er bereits davor gekämpft hatte: Allerdings hatte sich da der politische Club der bürgerlichen Lesegesellschaft in der Grünwälderstraße, dem einstigen Versammlungslokal der Revolutionäre, in die unpolitische Harmonie-Gesellschaft umgewandelt. In den 1920er Jahren wurde daraus das Kino "Harmonie". Ihren Zweck nicht erfüllt hatte auch eine Aktion der Freischärler, die sich 1848 in Freiburg zusammen taten, um von der Stadtregierung im Rathaus die Herausgabe der städtischen Kanonen zu fordern. Die Kanonen bekamen sie zwar, wenn auch nicht freiwillig: Erst mussten sie das Tor des Rathauses einschlagen. Genutzt aber haben den Revolutionären die Kanonen gar nichts: Die nötige Munition nämlich hatten sie verloren.
Quelle: Badische Zeitung vom Montag, 2. August 2004