F: Das vor zehn Jahren gegründete selbstverwaltete Politik- und Kulturzentrum KTS in Freiburg steht möglicherweise vor der Räumung. Die Deutsche Bahn, die der Stadtverwaltung die Räume für die KTS seit 1998 vermietet, hat der Initiative fristlos gekündigt. Wie verhält sich die SPD, die in Freiburg gemeinsam mit den Grünen regiert, in der Angelegenheit?
Wir haben uns schon 1998 dafür eingesetzt, daß die KTS in das Bahnbetriebsgelände einzieht. Das Zentrum ist eine wichtige kulturelle und soziale Einrichtung in der Stadt. Niemand integriert so viele unterschiedliche Gruppen unter einem Dach. Das zeigt, wie notwendig so ein Zentrum ist.
F: Sind die Argumente zur fristlosen Kündigung für Sie nachvollziehbar? Die Bahn verweist auf Probleme mit parkenden Autos und andere Störungen.
Wir müssen das erst einmal ernst nehmen, da wir nicht genau wissen, was vorgefallen ist. Es scheinen Listen mit Störungen zu kursieren, die wir offiziell nicht kennen und die Leute vom KTS auch nicht. Sicher ist nicht immer alles völlig reibungslos gelaufen. Wir bedauern aber, von den Konflikten erst so spät erfahren zu haben und fragen uns, ob die Bahn auch noch andere Gründe für ihr Vorgehen hat.
F: Der Bahn mußte doch schon 1998 klar gewesen sein, daß es zu Spannungen kommen kann. Schließlich halten sich im KTS manchmal Hunderte Jugendliche auf.
Das ist richtig, aber die Bahn hatte bereits damals ihre Befürchtungen vor Vandalismus geäußert. Allerdings hat die KTS-Initiative auch erklärt, wie schwierig es sei, immer alles unter Kontrolle zu halten. Die Jugendlichen haben sich schon damals sehr verantwortungsbewußt gezeigt, weshalb wir als Gemeinderat und Verwaltung den Weg für die KTS geebnet haben.
F: Wenn über konkrete Störungen nichts bekannt ist, wie ist es dann möglich, daß sich der grüne Oberbürgermeister Dieter Salomon in einem Brief auf die Seite der Bahn schlägt und die Gründe für eine fristlose Kündigung »nachvollziehbar und verständlich« nennt?
Dieser Brief ist mir nicht bekannt.
F: Ein Sprecher der Bahn hat bestätigt, daß die KTS im Vorfeld der Kündigung nicht einmal eine Abmahnung erhalten hat. Warum setzt der Konzern so unvermittelt auf Eskalation?
Durch die angedrohte Räumung wurde die Lage weiter zugespitzt. Die KTS-Initiative zeigt aber mit ihren Veranstaltungen, die derzeit auf den Plätzen der Stadt stattfinden, daß alles friedlich läuft und sie die Sache im Griff hat. Viele hatten Angst, die Situation könnte eskalieren. Angesicht dessen sollte man eine Lösung finden, vielleicht einen zweiten Zugang bauen und die Hauptzufahrt mit einer Schranke schließen.
F: Die KTS hat angesichts ihres zehnjährigen Jubiläums, das in dem Gebäude gefeiert werden soll, ein Ultimatum gestellt und zu einer Großdemonstration am 12. März aufgerufen. Glauben Sie noch an eine einvernehmliche Lösung?
Wir hoffen, daß wir in Gesprächen eine Lösung finden und die Bahn umstimmen können, damit der Mietvertrag verlängert wird.
Quelle: junge Welt vom Donnerstag, 19. Februar 2004