Wirklich überraschend kam der Widerruf der Duldung für den Kulturtreff in Selbstverwaltung (KTS) nicht. Überraschend war vielmehr, dass er - fast möchte man sagen "mit bahnüblicher Verspätung" - erst jetzt, zehn Tage nach dem eigentlichen Anlass kam. Mit der Belagerung des Bahnhofs und der Besetzung von Gleis 1 nämlich haben die, die sich als solidarisch und sympathisierend mit der guten Sache der KTS zeigen wollten, nicht etwa Furcht einflößende Stärke gezeigt. Sie haben vielmehr die durchaus Furcht einflößend mächtigere Bahn regelrecht um eine Demonstration ihrer nicht unbeträchtlichen Stärke gebeten. Und die eher simple Gleichung Bahn+böse=Bahnhof+böse war beim Demo-Auftritt keine wirklich gute Rechengrundlage. Kaum einer der Zuggäste konnte sie nachvollziehen. So gab es denn wenig Zugewinn an Verständnis in der gläsernen Halle und auf den Bahnsteigen. Und die Bahn selbst, besetzt, belagert und bedroht ("Bahn halt’s Maul!"), war nun für alle sichtbar in den Verteidigungsfall geraten. Die Junge Union plädierte umgehend dafür, die Monatsmiete von 2900 Euro fortan einzusparen und beklagt: "Man muss in Freiburg scheinbar nur lange genug randalieren, um kommunale Gelder zu bekommen." Muss man natürlich nicht. Etliche kriegen kommunales Geld ganz ohne Randale. Blöd ist nur, wenn man als politisch motivierte Kulturinitiative tatsächlich den Eindruck erweckt, als wolle man per Randale zu seinem nirgendwo verbrieften, aber immerhin subventionierten "Bleiberecht" kommen.
Julia Littmann
Quelle: Badische Zeitung vom Mittwoch, 18. Februar 2004