25.02.2005
Wir möchten hiermit Stellung nehmen zu dem Artikel „Wagenburgler müssen Platz räumen“, erschienen am 19.02.05 in der Badischen Zeitung, und weitergehend die Vorwürfe gegen uns, die Gegenstand der Allgemeinverfügung vom 17.02.05 sind, ausräumen.
Wir bitten Sie, dieses Thema Gegenstand Ihrer Berichterstattung werden zu lassen und sind natürlich auch bereit zu Interviews.
Kontakt ließe sich recht einfach herstellen unter
freieburg at yahoo dot de
Mit freundlichen Grüßen,
Schattenparker Freiburg und andere Wägler
Seit Jahr und Tag betreibt die Stadt Freiburg in bezug auf ihre Wagenbewohner eine Politik der Vertreibung und Schikane. Das an sich ist nichts Neues. Recht dreist und für uns nicht hinnehmbar allerdings wirft der Leiter des Amts für öffentliche Ordnung, Walter Rubsamen, uns in der Allgemeinverfügung vom 17.02.05 Dinge vor, die einfach nicht stimmen.
So ist etwa in der Begründung der Räumungsanordnung unter Punkt 1 zu lesen:
– „Seitens der Mitglieder des Reitvereins kam es schon frühzeitig zu Beschwerden wegen der dauerhaft zugestellten Parkflächen und Behinderungen der Zufahrt...“
Wir hatten von Anfang an ein recht freundschaftliches Verhältnis zu den Mitgliedern des Reitvereins, einige von ihnen äußerten mehrere Male positiv uns gegenüber. Durch unsere Anwesenheit in der Straße seien Einbrüche in ihr Gelände so gut wie gar nicht mehr vorgekommen.
Des weiteren haben wir peinlichst genau darauf geachtet, die Zufahrt zum Reitvereingelände immer freizuhalten, um Pferde und/oder Autos nicht zu behindern.
– Weiterhin sollen Beschwerden eingegangen sein, z.B. über „Verunreinigungen des dortigen Areals u.a. mit Betriebsflüssigkeiten der Fahrzeuge, Abfällen und Fäkalien...“
Wir haben stets darauf geachtet, dass keine Betriebsflüssigkeiten der Wägen in den Boden gelangen. Es ist uns klar, was z.B. schon eine kleine Pfütze Diesel im Boden bzw. im Grundwasser anrichtet. Bei einer Inspektion des Platzes am 25.11.04 durch Polizei, Wirtschaftskontrolldienst und Umweltschutzamt wurden denn auch keine umweltrechtlichen Verstöße festgestellt.
Da die Stadt trotz mehrmaliger Nachfrage/Aufforderung unsererseits, doch bitte Müllcontainer für uns am Anfang der Straße bereitzustellen (die Müllgebühren hätten wir natürlich auch bezahlt!), nicht reagieren wollte, mussten wir uns selbst behelfen und organisierten einen „Müll- Shuttle- Dienst“ auf die Deponie, der dann nach Bedarf mehrere Male im Monat zustande kam. Daher ist es, wenn auch unter optischen Gesichtspunkten bedauerlich, leider unvermeidlich, dass es auf dem Platz immer wieder zu kurzfristigen Sperrmüllzwischenlagerungen kam.
– Des weiteren sollen „...Verunreinigungen an einigen Stellen des Geländes festgestellt...“ worden sein, „die augenscheinlich auf das Fehlen geeigneter Toilettenanlagen zurückzuführen sind...“
Meint da ernsthaft jemand, wir würden da direkt auf den Rasen ...? Vor allen Leuten ...? Und das, wo doch die Klodichte gerade in der näheren Umgebung des Platzes so hoch ist - es sei in diesem Zusammenhang nur auf die öffentliche Toilette in der Josef Brandel -Anlage verwiesen.
Was da bei einer Begehung des Platzes wohl gefunden wurde, war sicherlich Hundekot, der für uns schon ein Problem darstellt, aber auch regelmäßig beseitigt wird.
Nicht nachvollziehbar ist auch, warum die Allgemeinverfügung auf das Fehlen von Toilettenanlagen verweist, gleichzeitig aber ausdrücklich an alle „Wohn-, Bau- und Toilettenwagen“ ergeht. Wie nun-?
– Wären da noch „ ...Beschwerden wegen Lärmbelästigung ...“
Das Areal, das wir im Moment bewohnen, grenzt im Westen an den Zubringer Richtung Schallstadt, dahinter befindet sich ein Park, und im Osten an das Gelände des Reitvereins, auf dem sich zu Ruhezeiten kaum jemand aufhält. Im Norden schließen sich verschiedene Gewerbe (Tabbert Campingausstatter ...) und im Süden das Campus- Tenniscenter an. Wohnhäuser gibt es in direkter Nachbarschaft keine. Es wäre möglich, dass es im Sommer letzten Jahres die eine oder andere Party den Lärmpegel hat steigen lassen, das ist jedoch selbst in reinen Wohngebieten in dieser Jahreszeit nicht unüblich und bei uns keinstenfalls die Regel. Und ausparkende oder rangierende LKW sollten eigentlich nicht lauter sein als der Zubringer, der direkt neben unserem Platz vorbeiführt...
– An verschiedenen Stellen und auch bei den beiden Gesprächen im Januar mit der Stadt wurde jedes Mal die Sogwirkung skizziert, die ein möglicher - und auch unser jetziger - Platz auslösen würde.
Dazu können wir sagen, dass z.B. durch die Räumung des „Morat - Grundstückes“ in der Lörracher Straße die Zahl der Wägen am Campus anstieg, da einerseits kein anderer Platz zur Verfügung stand und andererseits den Leuten von einem Beamten des Reviers Süd erklärt wurde, sie sollten sich auf den Platz in St. Georgen stellen, da ihnen ansonsten überall Ärger (Ordnungswidrigkeitenbescheide) drohen würde. Das Argument des gerade in letzter Zeit sprunghaften Anstiegs an Wagen durch vermeintliche Auswärtige etwas scheint dadurch etwas arg bemüht. Bei genauerer Betrachtung sollte man erkennen können, dass es keinen starken Zuzug von außen gibt. Über die Jahre hinweg hat sich die Zahl der WagenbewohnerInnen mit und ohne Repressionen gleichermaßen konstant gehalten..
Natürlich tauchen auf unserem Platz auch Wagen mit Nicht-Freiburger Nummernschildern auf. Durch die Möglichkeit zur Mobilität - viele arbeiten ja auch mobil z.B. - ist es für uns recht einfach, die Stadt/die Umgebung/die Plätze zu wechseln. Und gilt das Recht auf Freizügigkeit für sozial unliebsame Gruppen nicht?
In ganz Deutschland finden in letzter Zeit häufig Räumungen von Wagenplätzen und damit von Lebensmittelpunkten der Menschen dort statt. Es ist für uns eine Selbstverständlichkeit, uns nicht aus der bundesweiten Solidarität mit den Geräumten auszuklinken, sondern wenigstens einigen dieser Menschen in unserer Gruppe Platz zu bieten. Das heißt aber keinesfalls, wie es schon Ex- OB Böhme ständig beschrien hat, dass „ganz Deutschland“ nach Freiburg ziehen würde, gäbe es einen festen Platz. Man wird sich ohne weiteres vorstellen können, dass so etwas durch keine Gruppe zu leisten ist!
– Zu dem Terminus, wir hätten uns als „ ... eine Wagenburg niedergelassen...“ wäre an dieser Stelle noch zu sagen, dass wir aufgrund der Vertreibung von allen anderen Orten dazu gezwungen wurden, uns an der Basler Landstraße „niederzulassen“.
Es war der einzige Platz, an dem wir mehr oder weniger unsere Ruhe hatten. Weder gefällt er uns noch war je geplant, hier längerfristig zu bleiben. Polizei und Stadt duldeten aber nur hier das Abstellen von LKW und Bauwagen. Somit ließen sie uns absichtlich keine andere Möglichkeit.
– Über das „ Top- Angebot“ der Stadt, Stellplätze für uns auf dem städtischen Wagenplatz Eselswinkel bereitzustellen, können wir nur immer wieder den Kopf schütteln.
Abgesehen davon, dass dort niemand vorher nach seiner Meinung zu weiteren Mitbewohnern gefragt wurde, ist es für uns weder akzeptabel, auf so engem Raum, ohne die Möglichkeit, wegfahren zu können, ohne die Möglichkeit, als Gruppe zusammenbleiben zu können, zu leben, noch einen Platz zu bewohnen, der derartig städtischer Kontrolle und Reglementierung unterliegt. Wir brauchen keine Sozialarbeiter und keine eingezäunten Parzellchen, die keinen Raum für Mobilität lassen! Wer möchte schon so leben?
Wir können uns außerdem ein Zusammenleben mit den Menschen, die bereits den Eselswinkel bewohnen, nicht vorstellen. Nicht, weil sie laut Verwaltung „soziale Härtefälle“ sind, sondern weil unsere Lebensstile und -inhalte zu ständigen Reibungen und Konflikten führen würden. Dennoch sind wir solidarisch mit den Eselswinklern dahingehend, dass wir fordern, diese selbst entscheiden zu lassen, wer auf ihren Platz zuzieht und wer nicht.
– „Seit Mitte des Jahres 2003 war die Stadt... behilflich, einen anderen Standort auf geeignetem Gelände zu finden...“
Richtig müsste es wohl eher heißen: „Die Stadt brach die damals begonnenen Verhandlungen ab, nachdem sie über 30 von Wäglerseite vorgeschlagene Plätze abgelehnt hatte.“ Von ihrer Seite aus einzig diskutable Lösung wäre ein Platz, in einer Baugrube der Firma Litef gelegen. Diese Firma ist eine Rüstungsfirma und baut unter anderem Lenksysteme für Bomben. Es sollte verständlich sein, daß dieser Vorschlag von uns abgelehnt worden ist - wir könnten es niemals rechtfertigen, diese an Kriegen profitierende Firma eventuell durch unsere Miet/Pachtzahlungen indirekt zu unterstützen! „Behilflich“ war uns die Stadt nie.
Dass der Stadt egal ist, wenn wir sagen, dass wir selbstbestimmt und eigenverantwortlich leben wollen, glauben wir gern. Wir halten jedoch daran fest und rufen die sie dazu auf, fair und großzügiger als bisher mit ihren sozialen Randgruppen umzugehen. Jede Stadt hat die Möglichkeit dazu!
In diesem Zusammenhang möchten wir eine Einladung, die an die Mitglieder des Freiburger Gemeinderats verschickt wurde, veröffentlichen, die zu einem Runden Tisch und dem Versuch, miteinander ins Gespräch zu kommen, aufruft (s. Anlage).